Budapest – Zentrum der Geschichte und Kultur

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Budapest Blick auf das Parlament

Budapest ist nicht nur rechtlich, sondern vor allem von der Bedeutung her, die Hauptstadt Ungarns: sie ist Sitz des ungarischen Parlaments, sie ist mit 1,7 Millionen Einwohnern (17% aller Einwohner Ungarns) mit Abstand die bevölkerungsreichste Stadt und sie bildet das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des Landes.

Außerdem ist Budapest eine außergewöhnlich liebenswerte Großstadt: sie lebt vom Gegensatz zwischen dem hügeligen, historischen Stadtteil Buda mit seinem Burgpalast und seiner Altstadt und dem flachen, modernerem Pest mit seinen prachtvollen Boulevards und Bauten aus der Zeit der Jahrhundertwende. Und dann fließt noch, diese beiden Stadtteile quasi vereinend, majestätisch die Donau, überspannt von ihren historischen Brücken. Das Ganze atmet Geschichte und Harmonie vermischt mit dem Duft von Kaffee und dem Klang von Zigeunergeigen und Zimbalklängen. Wohltuend das Fehlen von Wolkenkratzern; am höchsten ragen die Türme und Kopula der vielen Kirchen in den Budapester Himmel.

Széchenyi Heilbad
Széchenyi Heilbad
Heilbad im Gellért Hotel
Heilbad im Gellért Hotel

Der wahre Schatz Budapests, aber, – und auch das macht diese Metropole im Vergleich zu anderen einmalig – schlummert für viele Besucher unerkannt unter der Erde: im Raum Budapest entspringen 123 Thermalwasserquellen. Sie beliefern rund 30 Heilbäder und Schwimmbäder täglich mit 70 Millionen Liter Heilwasser. Seit 1937 ist Budapest daher als Kurort anerkannt.

Tourismus

Budapest ist die größte Stadt an der Donau und die neuntgrößte Stadt in der Europäischen Union. Laut Euromonitor International war Budapest 2011 die am sechsthäufigsten von Touristen besuchte Stadt Europas. 2014 verbuchte Budapest vorläufigen Angaben des Ungarischen Statistischen Zentralamts zufolge rund 8 Millionen Übernachtungen, davon rund 7,1 Millionen von ausländischen Gästen.

Stadt der Boulevards und Magistralen

Budapest, zumal die Pester Seite, wird von mehreren prachtvollen Boulevards und Magistralen durchkreuzt, deren Planung und Bau im Zusammenhang mit dem Zustandekommen des österreichisch-ungarischen Ausgleichs von 1867 und der darauf folgenden Ernennung Budapests als Hauptstadt des damaligen Königreichs Ungarns stehen (zur Erinnerung: Budapest entstand am 23. Dezember 1872 durch die Zusammenlegung der drei Städte Buda, Óbuda und Pest; siehe Geschichte Budapests). Ihre Pracht verdanken diese Boulevards ihren architektonisch beeindruckenden Bauten im Stil des Historismus und Eklektizismus. Im Zuge des damals aufkommenden nationalen Stolzes scheute man keine finanziellen Mittel, um mit Hilfe von renommierten Architekten und Baumeistern die Konkurrenz aus Wien zu überflügeln. So entstanden die Prachtstraßen, Bauten und Paläste im Stil des Historismus und Eklektizismus.
An erster Stelle der Prachtstraßen steht die 2,5 km lange Andrássy út, die die Pester Innenstadt zwischen dem Deák tér und dem weiten Hösök tere – Heldenplatz verbindet. Mit ihrer von kulturellen Einrichtungen (z.B. die Ungarische StaatsoperCafés“Budapester Broadway”) sowie prachtvollen Bürgerhäusern und Villen gesäumten, von Platanen begrünten Allee zählt die Andrássy út zweifelsohne zu den stattlichsten Boulevards Europas.

Die andere bekannte Prachtstraße ist die rund 4 km lange Große Ringstraße – Nagy körút. Sie verläuft in einem Bogen auf der Pester Seite von der Margaretenbrücke zur Petöfibrücke und ist in fünf Abschnitte gegliedert: die Szent István körút (St. Stefan-Ringstraße), Teréz körút (Theresien-Ringstraße), Erzsébet körút (Elisabeth-Ringstraße), József körút (Josef-Ringstraße) und Ferenc körút (Franzen-Ringstraße). Weitere nennenswerte Prachtstraßen und Magistralen sind die Kleine Ringstraße, die Rákóczi út und die Üllöi út.

Die Kleine Ringstraße – Kis körút zweigt am Westbahnhof als Bajcsi Zsilinszki út von der Großen Ringstraße ab. Ab dem Deák tér heißt sie Károly körút und nach der Kreuzung mit der Rákóczi út Múzeum körút. Letztere beherbergt u.a. das Ungarische Nationalmuseum und die Naturwissenschaftliche Fakultät der Éötvös-Lórand-Universität. Ferner grenzt sie an das sogenannte Palastviertel. Die Múzeum körút endet am Kálvin tér und heißt ab hier Vámház körút. Diese endet an der Freiheitsbrücke mit dem angrenzenden Fövám tér, der Mündung der Einkaufs- und Bummelmeile Váci utca und der Zentralen Markthalle.

Die Rákóczi út erstreckt sich vom Ostbahnhof in Richtung Süden bis zur Kreuzung mit der Kleinen Ringstraße. Sie kreuzt die Große Ringstraße am Blaha Lujza tér und beherbergt neben einigen Kaufhäusern das Uránia Filmtheater und die St. Rochus-Kapelle. Die Üllöi út führt vom Kálvin tér in südöstliche Richtung aus Budapest hinaus. Sie ist in ihrem städtischen Teil gesäumt von einigen sehenswerten Bauten, u.a. dem Kunstgewerbemuseum im ungarischen Jugendstil.

Das traditionelle Budapester Café funktionierte quasi als Wohnzimmer für Literaten, Künstler, Bohemiens und Mitglieder ähnlicher sozialer Schichten. Sie verbrachten hier den Tag mit Zeitungslesen, schriftstellerischen u.ä. Tätigkeiten, Meinungsaustausch uvm. Das Ambiente der Cafés war hierzu zweckmäßig: sie waren geräumig und stilvoll eingerichtet; riesige Fenster erlaubten großzügigen Ein- und Ausblick; die Bedienung war aufmerksam und diskret; es gab keine Sperrstunden. In vielen Cafés konnte man auch ein leichtes Mittags- oder Abendessen bestellen.

Der Kaffee kam mit den Türken nach Ungarn. Schon im 16. Jahrhundert gab es mehrere türkische Kaffeestuben in Budapest; die waren aber nur den türkischen Eroberern zugänglich. Nach dem Abzug der Türken 1686 dauerte es nicht lange, bis der Serbe Blasius 1714 auf der Pester Seite das erste Café öffnete. Er fand rasch Nachahmer. Richtig Auftrieb erhielten die Cafés dann durch die Industrialisierung. Anfang des 20. Jahrhunderts konnte sich Budapest bereits mit mehr als 500 Cafés rühmen.

Café New York
Konditorei Gerbeaud

Der Niedergang der Kaffeehäuser kam mit der Wirtschaftskrise in Folge des ersten Weltkriegs. Der zweite Weltkrieg und die darauf folgende kommunistische Machtherrschaft – Kaffeehäuser wurden als Brutstätte bürgerlichen Gedankenguts geschmäht – gaben ihnen den Rest.

Heute sind einige der größten und traditionsreichsten Kaffeehäuser Budapests, wenigsten was den Namen und in vielen Fällen auch das Ambiente betrifft – manche unter der Bezeichnung Cukrászda (= Konditorei) – wieder aktiv; nur ihre Funktion haben sie eingebüßt. Sie dienen in erster Hand dem Vergnügen der Touristen; die intellektuelle Elite hält sich als Klientel bedeckt.

Und ein Erlebnis für Auge und Gaumen ist der Besuch eines Budapester Kaffeehauses allemal. Der unvoreingenommene Besucher wird in eine längst vergangene Zeit entführt und, von der bezaubernden Atmosphäre in ihren Bann gezogen, vergisst er bei köstlichem Gedeck für die kostbaren Minuten seines Aufenthalts seine Alltagssorgen. Möchte man Budapest kennen lernen, ist der Besuch eines seiner berühmten Kaffeehäuser ein Muss. Wer Budapest ohne diesen Pflichtbesuch verlässt, darf nicht behaupten, in Budapest gewesen zu sein.

Zu den bekanntesten traditionellen Kaffeehäusern und Konditoreien zählen das Café New York – eine Orgie des Neobarocks und der Belle Époque -, ferner das Centrál Café (Károly Mihály utca 9) mit seiner altmodischen Pracht, die weltberühmte Konditorei Gerbeaud, das Café Müvész mit seiner vergoldeten Stuckverziehrung und das denkmalgeschützte Ruszwurm, eines der ältesten Kaffeehäuser Budapests.

Budapest – die Stadt der Bäder

Budapest ist die einzige Hauptstadt Europas, die zugleich als Kurort anerkannt ist. Außerdem ist Budapest der größte Kurort Europas. Diesen Umstand verdankt es seinen 123 heißen Mineralwasser-Quellen. Sie speisen täglich 31 Bäder, davon 10 Heil- und Thermalbäder, mit insgesamt rund 70 Millionen Liter Thermalwasser. Viele dieser Bäder sind denkmalgeschützt – einige stammen noch aus der Zeit der türkischen Besatzung 1541-1686 – oder besitzen eine sonstige wertvolle Bausubstanz. Die meisten haben einen hohen internationalen Standard. Viele Heilbäder besitzen auch ein angeschlossenes Schwimm- und/oder Erlebnisbad und umgekehrt, weshalb eine Familie problemlos ihren Tag in solch einem Bad verbringen kann: während ein Elternteil beispielsweise einer Badekur nachgeht können sich die anderen Familienmitglieder im Schwimm- oder Erlebnisbad vergnügen.

Zu den bekanntesten Budapester Bädern zählen das neobarocke Széchenyi Heil- und Freibad, das Gellért-Bad im ungarischen Jugendstil und das Aquaworld, der größte bedeckte Wasserthemenpark Mitteleuropas.

Stadt der prunkvollen Architektur

Ungarisches Parlament
Ungarisches Parlament
Ungarisches Schloss
Schloss von Budapest

Wie bereits erwähnt, wurde Budapests 1873 aus der Vereinigung der Schwesterstädte Pest und Buda sowie dem Marktflecken Óbuda zur Hauptstadt des Königreich Ungarns ernannt. Die Stadt hatte damals rund 270 000 Einwohner, war zwar Mittelpunkt des Königreichs, aber vom Charakter her ungarisch. Das sollte sich, so wollte es der ungarische Nationalstolz, jetzt ändern. Budapests sollte nicht nur die Vormachtstellung Wiens als Metropole im Habsburgerreich ablösen, sondern auch den Charakter einer europäischen Großstadt erhalten. Als Mittel zum Zweck bediente man sich der europäischen Architektur, in diesem Fall des Historismus und Eklektizismus, gepaart mit prachtvollen Boulevards und Parks.

Im Zuge des einsetzenden Baubooms entstanden neben den Prachtstraßen zahlreiche Palais, Mietshäuser und öffentliche Gebäude wie Banken oder Theater, aber auch prunkvolle Plätze mit zum Teil angeberisch anmutenden Gebäuden (wie beispielsweise das Ungarische Parlament am Kossuth-Platz). Zu den wichtigsten Errungenschaften jener Epoche zählen auf Pester Seite die Staatsoper (1884), die Ungarische Akademie der Wissenschaften (1864), der Westbahnhof (1877), das Ethnografische Museum (1896), das Palais New York (1895), die St. Stephans-Basilika (1851-1905), die Pester Redoute (1865), das Széchenyi-Bad (1913), der Heldenplatz (1896) mit seinen Museen und der Freiheitsplatz (1886) mit seinen prunkvollen Bauten sowie in Buda das Schloss (1875-1904), die Fischerbastei (1895) und die Matthiaskirche (1896).

Trefflich zu diesem Erscheinungsbild von Budapest als europäische Metropole passt da auch, dass sich die Stadt mit der ersten U-Bahn des europäischen Festlands (eröffnet 1894; die heutige Metrólinie M1) sowie der damals längsten Kettenbrücke der Welt (die 1903 eingeweihte ehemalige Elisabethbrücke) rühmen konnte.

In Wien betrachtete man diesen Wettstreit gelassen. Wien war per Definition die Metropole der Habsburger K&K-Monarchie.; Außerdem war der Kaiser offiziell auch König des Königreich Ungarns (die Krönung erfolgte 1867 in Budapest), da konnte es nicht Schaden, wenn Budapest sein Stadtbild aufwertete.

Allerdings nachte sich um die Jahrhundertwende mit der Wiener Sezession in Wien Widerstand gegen die Neo-Stile breit. Sie wurden zunehmend als extravagant aufgefasst. Dieser Widerstand war künstlerisch-ästhetisch bedingt und unsentimental. In Budapest erkannte als erster der Architekt Ödön Lechner den neuen Zeitgeist. Im Unterschied zur Wiener Sezession besinnt sich die ungarische aber den Wurzeln der ungarischen Geschichte, indem sie Elemente der Volkskunst aufnimmt und dadurch eine nationale sentimentale Architektur schafft. Unter der Federführung Lechners entstanden mehrere denkwürdige Bauten im ungarischen Jugendstil, wie das Geologische Institut (1899), das Kunstgewerbemuseum (1896) und die Postsparkasse (1900). Weitere bedeutende Gebäude im Sezessionsstil sind das Palais Gresham (1907), das Hotel Gellért (1918) und das ehemalige Türkische Bankhaus (1906).

Während des zweiten Weltkriegs wurde Budapest schwer beschädigt. Vordergründig beim Wiederaufbau war und ist die Denkmalspflege. Ein schönes Beispiel hierzu ist das in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts errichtete Budaer Hiltonhotel. Mit seinem Bau wurde ein auch international vielbeachteter und gelungener Weg zwischen Denkmalpflege und Neubau begangen. Nicht nur schmiegt sich das Hotel einfühlsam in seine mittelalterliche Umgebung: seine moderne Fassade und das Mittelalter verschmelzen zu einer ästhetisch ansprechenden Einheit; sondern in seinen Bau wurde in adäquater Weise sowohl die spätbarocke Fassade der hiesigen Ruinen des einstigen Finanzministeriums als auch die Reste der hiesigen St. Nikolauskirche und des Dominikanerklosters eingebunden. Weitere Beispiele liefern die Hotels am Donaukorso, die sich harmonisch in das angrenzende Pester Donauufer einfügen. Natürlich wird bei aller Rücksicht auf Denkmalpflege auch neu gebaut. Erwähnenswert sind der postmoderne Palast der Künste (2005) und das eklektizistische Nationaltheater (2002).

Stadt der Kultur

Budapest ist mit Abstand das Kulturzentrum Ungarns. Was die Wissenschaften betrifft, so wurde die von Péter Pázmány in Tyrnau (der heutigen Slowakei) gegründete Universität im Jahre 1777 nach Buda verlegt. Heute ist Budapest Sitz von 15 Universitäten und 10 Hochschulen. Außerdem rühmt sich Budapest mit der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Sie ist die höchste wissenschaftliche Einrichtung Ungarns und hat seit 1867 ihren Sitz im Neorenaissance-Gebäude am Széchenyi tér in Budapest. Sie widmet sich der Wissenschaftsförderung und ist in drei Hauptbereiche gegliedert:

  • Sprachwissenschaft und Bildende Künste
  • Philosophische, soziale und historische Wissenschaften
  • Mathematik und Naturwissenschaften.

Auch bei den Musikwissenschaften genießt Budapest dank der hiesigen von Franz Liszt mitbegründete Musikhochschule einen ausgezeichneten internationalen Ruf.
Budapest besitzt eine seiner Größe und seinem Status als Ungarns Hauptstadt angemessene Anzahl an Museen, einige davon auch von internationaler Bedeutung:

  • Das Museum der Bildenden Künste am Heldenplatz widmet sich der internationalen Kunst in Form von Artefakten, Skulpturen, Zeichnungen, Grafiken und Malerei von der Antike bis hin zur Moderne.
  • Die ebenfalls am Heldenplatz gelegene Kunsthalle beherbergt die größte Ausstellungshalle Ungarns und zeigt Sonderausstellungen, meist moderne nationale und internationale Malerei und Plastiken.
  • Das Ludwig-Museum für Zeitgenössische Kunst ist im Palast der Künste untergebracht. Es zeigt moderne Kunst der letzten fünfzig Jahre aus der ganzen Welt.
  • Die Ausgrabungsstätte Aquincum in Óbuda mit dem Archäologischen Museum ist der ehemaligen Römerstadt Aquincum gewidmet, die im 2. und 3. Jh. ihre Blütezeit erlebte. Ansonsten widmen sich die Mehrzahl der Museen Budapests nationalen Themen, d.h. Themen, die die ganze Nation und nicht nur die Stadtbevölkerung, berühren. Viele dieser Museen sind auch für den ausländischen Besucher eine Quelle der geistigen Bereicherung, vor allem wenn man unvoreingenommen sich für die Kultur Ungarns interessiert. Zu den wichtigsten Museen dieser Art zählen
  • Das in einem imposanten klassizistischen Gebäude untergebrachte Ungarische Nationalmuseum mit seiner kostbaren Sammlung historischer Artefakte aus der Geschichte Ungarns.
  • Das in einem beeindruckenden Gebäude im ungarischen Jugendstil untergebrachte Kunstgewerbemuseum mit seinen Sonderausstellungen mit Möbeln, Textilien, Edelsteinen, Keramiken und Glas aus Ungarn und anderen Ländern.
  • Das Ethnografische Museum am Kossuth-Platz. Es zeigt unter seinen 200 000 Exponaten u.a. eine faszinierende Sammlung an Trachten der verschiedenen Ethnien Ungarns.
  • Die im Schloss untergebrachte Ungarische Nationalgalerie. Die Galerie beherbergt eine riesige Sammlung ungarischer Kunst von der Staatsgründung bis zur Gegenwart – neben zahlreichen Artefakten wie Steinmetzarbeiten aus dem Mittelalter und der Renaissance sowie gotische Flügelaltäre rund 11 000 Gemälde, 4000 Plastiken, 6000 zeitgenössische Kunstwerke und 90 000 Grafiken. Der Besuch ist daher ein Muss, wenn man sich für die Kunst Ungarns interessiert.
Palast der Künste
Museum der Bildenden Künste, Budapest

Auch was das Angebot an Musik betrifft, so muss sich Budapest nicht verstecken. Für das internationale Publikum der Klassik steht das Musikleben vor allem auf zwei Standbeinen und zehrt nicht zuletzt von der glamourösen Vergangenheit. Hier wirkten und lebten u.a. Franz Liszt (als Mitbegründer der Musikhochschule), Béla Bartók, Zoltán Kodály, Gustav Maler (als Direktor der Staatsoper), Emmerich Kálmán und Franz Lehár. Die weltberühmten Dirigenten Antal Doráti und Georg Solti wurden in Budapest geboren. Bedeutende Darbietungen aus der Welt der klassischen Musik finden in der Staatsoper und im Palast der Künste dar. Darüber hinaus gibt es auch ganzjährig ein umfangreiches Angebot unter Teilnahme in- und ausländischer Künstler in Kirchen und diesem Zweck dienenden Einrichtungen wie z.B. die Pester Redoute, das Erkel-Theater, die Musikhochschule und das Operettentheater. Weit über die Grenzen Ungarns hinaus bekannt sind die beiden führenden Orchester Ungarns, die Ungarische Nationalphilharmonie und das Budapest Festival Orchestra, das Franz Liszt KammerorchesterBudapester Kammerensemble und die Schola Hungarica.

Ungarisches Nationalmuseum

Budapest wird regelmäßig auch von internationalen Gruppen aus Rock, Pop und Jazz etc. besucht. Für ihre Auftritte stehen u.a. die Papp László Sportaréna, Ungarns größte Hallenbühne, der Kunstpalast (auch Darbietungen aus der Welt der Klassik) oder der Budapest Jazz Club zur Verfügung.
Das Theater Budapests blickt auf eine lange Tradition zurück und darf mit mehr als zwei Dutzend Bühnen als sehr lebendig bezeichnet werden – der Sprachbarriere wegen bleibt es dem ausländischen Besucher leider zumeist versperrt. Zwei Theater, das Nationaltheater und das Spinoza-Theater, zeigen jedoch auch Aufführungen in englischer Sprache. Wer, der Sprachbarriere zum Trotz, einer Vorstellung eines ungarischen Theaters beiwohnen möchte, der wird – auch vom Ambiente her – den Besuch im z.B. Lustspieltheater oder Madáchtheater nicht bereuen.

Stadt der Gegensätze

Atome, die Bausteine unseres Lebens, sind das Ergebnis der Anziehung zweier Gegensätze: ein Kern mit positiver elektrischer Ladung, der eine Anzahl von Elektronen mit negativer elektrischer Ladung in einer kreisförmigen Bahn in seinen Bann hält. Ein Beispiel aus der Welt der Physik dafür, das Gegensätze sich anziehen. Die ungarische Hauptstadt ist das Ergebnis eines weiteren Gegensatzes und jeder, der diese Stadt besucht, wird diesen Gegensatz spüren. Dieser Gegensatz ergibt sich zunächst aus seiner Topographie: da ist der große europäische Strom, die Donau, der zumeist grau und träge, seit seiner Geburt im fernen Schwarzwald inzwischen um rund 1200 Kilometer gealtert, sich seinen Weg gegen Süden bahnt und an dessen Ufer, verbunden durch neun Brücken, sich die urbanisierte Landschaft in Gestalt der ungarische Hauptstadt schmiegt. Und hier treten die Gegensätze topographisch und wunderschön zu Tage: rechts der Donau der Stadtteil Buda mit den von der Budaer Altstadt mit dem Burgpalast sowie weiter südlich der alten Habsburger Zitadelle gekrönten Hügeln, links der Donau das flache Pest mit seinem Häusermeer und seinem fernen Horizont, hinter dem die weite Puszta auf den Besucher wartet. Dieser Gegensatz verzaubert und zieht den Besucher in seinen Bann. Und am besten genießt man ihn (an einem lauen Sommerabend) bei einem Bummel auf dem Donaukorso.

Blick vom Donaukorso auf den Burghügel
Blick vom Donaukorso auf den Burghügel

Und den Gegensatz allein verspürt man, wenn man quasi ins Detail geht: bei einem Bummel durch Buda bzw. durch Pest. In Buda durchwandert man das Zeitalter vom Mittelalter bis zum Barock. In der Altstadt oben am Burgberg warten romantische Gassen und Kneipen auf den Besucher. Boulevards und protzige Plätze sind Mangelware. Dagegen findet man hier Bescheidenheit im Sinne von “klein aber fein”. Die Zeit der Türkenbesatzung ist in Gestalt eines ganzen Stadtteils, einiger Bäder und eines Grabmals lebendig geblieben. Ganz anders Pest. Sein Augenmerk sind die vielen Pracht- und Geschäftsstraßen, die weiten und zum Teil protzig anmutenden Plätze und die prachtvollen Bauten im Stil des Historismus, Eklektizismus und des ungarischen Jugendstils. Pest ist auch die Heimat der Größe: hier liegen die größten Hotels, die größten Bahnhöfe, die größten Einkaufszentren. Das Augenmerk Pests liegt dementsprechend auch auf Verkehr und Geschäftigkeit. Doch Pest hat ja seinen Donaukorso mit dem unvergleichlichen Budaer Panorama. Hier nimmt der Pester Bürger seine Auszeit. Und der Budaer Bürger? Er besteigt die Hügel und blickt voller Stolz auf das Häusermeer von Pest. Und zwischen diesen beiden Gegensätzen, sie untermauernd, fließt ewig die Donau.

Paris und Budapest werden oft in einem Atemzug erwähnt. Das mag in Abstrichen für Teile von Pest zutreffen, wegen seinen Boulevards, monumentalen Plätzen und seinem Historismus. Für Budapest ist die Parallele meines Erachtens nicht erlaubt, und zwar aus folgenden Gründen: Paris ist im Vergleich zu Budapest topographisch und baulich harmonischer und die Seine ist Teil dieser Harmonie. Das ist der Charme von Paris. Budapest hingegen ist, wie wir gesehen haben, die Stadt der Gegensätze und diese werden von der Donau noch akzentuiert. Das ist der Charme Budapests. Für die Harmonie sind die Donaubrücken zuständig. Jeder, der einmal auf solch einer Brücke gestanden ist, besonders nachts, umgeben vom Rauschen des Flusses und den Budaer und Pester Panoramen, hat es fühlen können: das ist Budapest! Und wieder zurück auf der einen oder anderen Seite beschleicht einen beim Anblick des Gegenüber das Gefühl der betrogenen Liebe in dieser Vernunftehe (siehe die Betrachtung eingangs).

Geschichte von Budapest

Budapest ist das Ergebnis einer Heirat zwischen Buda und Pest. Die Hochzeit wurde 1873 unter großem Pomp gefeiert. Ihr vorausgegangen war eine schicksalshafte Begegnung; ihr folgte eine ebenso schicksalshafte Entwicklung, während der sich die Ehepartner auseinanderlebten. Die Zweisamkeit Budapest war bereits damals und ist heute eine Vernunftehe. Dass es keine Liebe werden konnte, dafür sind zwei Umstände maßgeblich verantwortlich; zum einen die Topographie Budas und Pests und zum anderen, die große europäische Nixe, die Donau. Dieser der Norm nach zweitgrößte Strom Europas durchfließt zehn europäische Staaten und ist – im Vergleich zum Erstplatzierten, der Wolga, einem rein russischen Produkt – der europäische Strom. Rund tausendeinhundertfünfzig Kilometer nach ihrer Geburt erreicht die Donau Budapest. Topographisch entsteht dabei der flache, weite Stadtteil Pest östlich und das hügelige, enge Buda westlich der Donau.

In Budapest begegneten sich im 16. Jahrhundert – einmalig für eine europäische Metropole – die beiden Weltideologien Abendland / Okzident und Morgenland / Orient. Dass es dabei bei einer Begegnung blieb und zu keiner Vermählung kam, dafür sorgte neben den topographische Begebenheiten, meines Erachtens nach, maßgeblich die Donau. Hier erfüllte sie ihre historische Aufgabe und trennte fein säuberlich die beiden Ideologien in einen östlichen Okzident und ein westlichen Orient – ein räumlicher Irrtum. Die Spuren des Orients, des Morgenlandes, liegen in Budapest daher auch heute nicht dort wo die Sonne aufgeht, östlich der Donau, sondern in den Hügeln Budas auf der westlichen Seite.

Das hat historische Gründe. Die osmanischen Türken kamen auf ihren Eroberungszug gegen das Abendland aus Südost. Ihre wichtigen Stationen, wo sie entscheidende Schlachten schlugen, das Amselfeld und Mohács, liegen alle westlich der Donau. Was Budapest betrifft, so besetzten sie zwar zunächst das östliche Pest aber erst mit der Einnahme von Buda 1541 und dem Einsetzen eines türkischen Statthalters begann die rund 150 Jahre andauernde türkische Herrschaft über Ungarn. Während Pest verkümmerte wurde Buda in eine türkische Stadt mit allen voran Moscheen und Bädern umgewandelt. Diese Trennung in Okzident und Orient ist auch heute noch erkennbar, nicht nur in Gestalt der osmanischen Bäder und sonstigen Relikte auf der Budaer Seite. Schon die Mentalität ist anders in Buda als in Pest. Buda ist im Vergleich zu Pest ländlicher, das Leben wirkt – man könnte fast meinen – von orientalischer Gelassenheit beeinflusst. Nach der Vertreibung der Türken 1686 kam eine neue Besatzungsmacht: die Habsburger zogen im Raum Buda und Pest ein. Es folgte der landesweite Rákóczi-Aufstand, die ungarische Revolution 1848, der Neoabsolutismus, der österreichisch-ungarische Ausgleich, die Krönung Franz Joseph I zum ungarischen König in der Matthiaskirche zu Buda und die eingangs erwähnte Vereinigung der Städte Buda und Pest zur ungarischen Hauptstadt Budapest. In der Folgezeit entstand nochmals ein räumlicher Irrtum: das östliche Pest entwickelte sich, in Konkurrenz zum westlichen Wien, zu einer von Prachtboulevards sowie Bauten im Stil des Historismus und Eklektizismus gekennzeichneten Metropole während das östliche Buda im Barock verharrte und im Vergleich zu Pest zunehmend provinziellen Charakter annahm. Auch bei dieser gegenseitigen Entwicklung spielt neben den topographischen Verhältnissen die Donau eine maßgebliche Rolle.

Man fragt sich, wie können zwei so große Gegensätze wie Buda und Pest auf so engem Raum getrennt voneinander existieren? Wäre diese Trennung – sie zählt zweifelsohne zu der Faszination Budapests – ohne die Donau denkbar? Die Antwort scheint auf der Hand zu liegen: es ist der Verdienst der Donau! Man überquert die Kettenbrücke von der Pester Seite nach Buda und erlebt ein Wechselbad der Gefühle. Dort die Welt des Scheins mit ihrem Glanz, den Boulevards, Prachtbauten, großen Plätzen, der Oper, Operette, den Theatern, des Dinierens und der politischen Macht. Hier die Welt der Gassen, des Mittelalters mit seinen Bürgerhäusern sowie der staatlichen Macht in Gestalt des Staatsoberhaupts, dessen Residenz auch symbolisch über den Dächern Pests oben auf dem Budaer Hügel thront.

Frank Schuster
WRITTEN BY

Frank Schuster

Frank Schuster ist Reiseverkehrskaufmann und arbeitet in einem Reisebüro in Münster. Sein Steckenpferd ist zwar die Ost- und Nordsee, aber Frank fühlt sich auch in der ganzen Welt zuhause. Deshalb verantwortet Frank bei Travelnet-Online auch einige exotische Destinationen und bringt sich mit vielen nützlichen Reisetipps bei uns ein.